Steve Bishop
Start Over Every Morning
Das was zuerst vertraut war und dann verloren, oder wenigstens entfremdet zu sein scheint, ein Verlust als Folge der Zeit. Etwas zu dem man nicht mehr dazu gehört, von dem man entfamiliarisiert, ist, derealisiert. Mit dem Verlorenen wieder in Berührung gebracht, ist man wie in einen Traum versetzt.
Josef Strau
In atmosphärischen Installationen, die häufig von Habseligkeiten und persönlichen Erinnerungsstücken gespickt sind, untersucht Steve Bishop, wie sich die physische Verfasstheit materialisieren und in den Raum übertragen lässt. Mithilfe subtiler Verfremdungen vertrauter, häuslich-intimer Szenarien entwirft Bishop Zwischenwelten, in denen gängige Zeitkonzepte hinterfragt und klare Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Raum, Ausstellung und Nicht-Ausstellung außer Kraft gesetzt werden.
Im Rahmen seiner Einzelausstellung Start Over Every Morning begegnen wir den fiktiven Überresten einer Feier, die gerade beendet scheint. Im Zentrum steht eine schlichte weiße Küche, die sich immer weiter fortsetzend, über die gesamte Länge des Ausstellungsraums erstreckt. Hier trifft die profane Alltäglichkeit der Möblierung auf den Versuch abstrakte Konzepte von Unendlichkeit zu fassen. Dabei breitet sich in dem Raum eine Leere und Einsamkeit aus, die von einigen sparsam verstreuten Objekten noch verstärkt wird: Letzte Kuchenreste sind sorgsam in Tupperdosen verstaut, Jazz tönt aus dem Radio und über nicht mehr benötigte Gartenmöbel wurde schon eine Schutzhülle gelegt. Es zeigt sich eine Sehnsucht danach Flüchtiges zu konservieren – sei der Versuch den Genuss des Augenblicks zu verlängern auch noch so aussichtslos.
In einem zweiten Raum werden gefundene Fotografien den Textblättern einer weitestgehend vergessenen Selbsthilfegruppe, der Re-evaluation Counseling, gegenübergestellt. Liest man die Slogans der Gemeinschaft, die zur Selbstermächtigung und Optimierung aufrufen, erahnt man in Verbindung mit dem aufgeräumten Setting einen Wunsch nach Struktur, nach innerer und äußerer Klarheit, die so erstrebenswert wie akut gefährdet scheint.
Steve Bishop (*1983 in Toronto, CA) lebt in London. Zuletzt realisierte er Einzelausstellungen in den Kunst-Werken – KW Institute for Contemporary Art, Berlin (2018), bei Supportico Lopez mit 6817, Los Angeles (2016) und bei Carlos/Ishikawa, London (2015 / 2013).
Radioplaylist:
Glad I Met Pat – Duke Jordan
Skylark – Marian McPartland
Like Someone In Love – Bill Evans Trio
The Lords Prayer – Chalmers ‘Spanky’ Alford
Something to Remember You By – Keith Jarrett
Say You’re Mine – Duke Pearson
Night Lights – Gerry Milligan
Lonely Woman – Horace Silver
Hymn to Freedom – Oscar Peterson Trio
Kuratorin: Nele Kaczmarek
Die Ausstellung Start Over Every Morning wird ermöglicht durch:
Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur,
Botschaft von Kanada,
British Council
Der Kunstverein Braunschweig e.V. wird gefördert von:
Stadt Braunschweig, Kulturinstitut
https://www.contemporaryartdaily.com/2019/05/steve-bishop-at-kunstverein-braunschweig/
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