No Core
39 €
Ein Werbeslogan der Wassermarke Fiji Water lieferte den Titel für die Ausstellung der Schweizer Künstlerin Pamela Rosenkranz (*1979, lebt in Zürich). Das Mineralwasser wird auf den Fiji-Inseln in einem Produktionsverfahren abgefüllt, das den Kontakt mit der Atmosphäre verhindert. Solange bis die Flasche geöffnet wird, bleibt das reine, aus der Erde entsprungene Wasser „Untouched by Man“. Obwohl die Produktion der Wasserflaschen – der erhebliche Aufwand die Reinheit des Wassers zu konservieren – nicht mit einer zeitgemäßen Ökologie kompatibel ist, verkauft sich das Produkt, das Ursprünglichkeit und Vitalität zugleich symbolisiert und dadurch zum Lifestyle-Attribut einer individualistischen Kultur wird, prächtig. In der Wassermarke Fiji Water vereinigen sich somit zwei entgegengesetzte Momente: Die Domestizierung von Natürlichkeit in der kapitalistischen Ökonomie und deren Entzauberung durch die Wissenschaften.
Auf diese Kluft verweisend verteilte Pamela Rosenkranz Fiji Water Flaschen im Ausstellungsraum, die mit verschiedenen, dem menschlichen Körper angelehnten Substanzen befüllt waren. Firm Being nennt Rosenkranz diese Objekte und ließ sie eine Sinnverschiebung erfahren. Das Image und die Slogans, die Firmen mittels geschickter Marketingstrategien ihren Produkten auferlegen, wurden als sinnentleert entlarvt: Irritierend und abschreckend zugleich waren einige der PETs mit einer rosa oder bräunlichen Flüssigkeit gefüllt, welche standardisierten Make-up-Nuancen entsprachen und gleichzeitig den Wunsch nach idealem Teint und perfekter Schönheit symbolisierten. So glich der Flascheninhalt den Facetten der menschlichen Hautfarbe und spielte gleichsam konträr auf einen „Body Horror“ von abgefüllter, portionierbarer Haut an. Diese dystopische Anmutung wurde in den am Boden aufgestellten Fiji-Flaschen auf andere Art weitergesponnen. Sie hatten transparenten Inhalt, der gleichermaßen an ein organisches Material erinnerte. Es zeigte die unterschiedlichsten Färbungen von Urin und man meinte, in den Nuancen von tiefgelb, rötlich bis hell-klarer Farbigkeit einen Gesundheitszustand ablesen zu können.
Weiße Abgüsse von einem gebrochenen Kristall My Mineral waren in einer subjektiven Variation im Raum positioniert. Sie entsprachen der Form eines ungeschliffenen Heilsteines und besaßen die puderige Konsistenz von gepressten Tabletten wie Aspirin. Die Klarheit ihres Schnitts und die Anordnung im Raum, die mit einer archaischen Mystik spielte, sprachen vom Begehren nach innerer Reinheit durch die Einnahme von Mineralien.
Die Soundarbeit Your Mineral war das akustische Pendant zu den Kristallen. Über die Installation tönte aus dem Off eine Frauenstimme, die nüchtern und griffig doppeldeutige, oftmals bildhafte Begriffe aufzählte, deren Bedeutung sich beim ersten Hören nur selten klärte: Black Jack, Butterfly Child, Elephantiasis, Fools Gold, Kuss Maul Aphasia, Thunder Egg, Yellow Copper sind Wörter, die Krankheiten und Heilsteine bezeichnen. Sie wurden in alphabetischer Reihenfolge, nicht voneinander unterscheidbar abgespielt und ihre etymologischen Bedeutungen bildeten ein poetisches Gerüst.
Pamela Rosenkranz’ Installation thematisierte die Ambivalenz des menschlichen Bestrebens, das gestörte Verhältnis von Mensch und Natur wieder beheben zu können. Sie spann ein Netz aus Bezügen, löste zwiespältige Assoziationen aus und riss Widersprüche an, die unweigerlich entstehen – im fragilen Brückenschlag von Wissenschaft und Esoterik.
Pamela Rosenkranz gehört zu den interessantesten Vertreterinnen einer jungen konzeptuell arbeitenden Künstlerszene. Nach Beteiligungen an bedeutenden Ausstellungen wie der 5. Berlin Biennale oder der Manifesta 7 und Einzelausstellungen in der Kunsthalle Genf oder im Swiss Institute Venedig, wurden ihre Arbeiten nun erstmals als institutionelle Soloshow in Deutschland präsentiert.
Die Ausstellung von Pamela Rosenkranz wurde unterstützt von:
Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur
Schweizer Kulturstiftung prohelvetia