Julia Phillips
Fake Truth
In ihrer künstlerischen Praxis beschäftigt sich Julia Phillips im Kontext von Psychoanalyse, Gender- und Postkolonial-Diskursen mit komplexen Subjekt-Objekt-Relationen und herrschenden Machtverhältnissen. Ausgangspunkt ist dabei der eigene Körper, der metaphorisch für die Untersuchung zwischenmenschlicher intimer Beziehungen sowie gesamtgesellschaftlicher Missstände herangezogen wird. In Anlehnung an die seit der Antike bekannten Verfahren der Körperabformung, werden fragile Abdrücke von Körperfragmenten – Muskeln, Schultern oder Gesichtspartien – aus Keramik produziert, die im Zusammenspiel mit den entstehenden Hohlräumen anonyme Körper im Raum definieren. „Ich bin auf der Suche nach einer physischen Sprache und mechanischen Metaphern, um nicht-physische, emotionale Beziehungen auszudrücken.” (Julia Phillips)
In der im Rahmen der Ausstellung im Kunstverein Braunschweig neu produzierten Installation Witnesser zitiert Julia Phillips mit der Zeugenschaft eine (juristische) Wissenspraxis, in der nicht angeblich objektive Wahrheiten, sondern die Schilderung der individuellen sinnlichen Wahrnehmung essentiell ist. Von einer Kieslandschaft umgeben, treten die Besucher_innen skulpturalen Charakteren entgegen, die, von angedeuteten Hinterköpfen und fleischfarbenen Lungen umrissen, menschliche Proportionen aufweisen. Auf die sich nähernden Besucher_innen reagiert jeder Charakter mit einer eigenen Stimme und Auslegung der Geschehnisse. Während sich bewegende, tanzende oder hadernde Körper in früheren Arbeiten von Julia Phillips explizit gezeigt wurden, rückt nun die Bewegung der Besucher_innen als Performer in den Vordergrund. Das individuelle Verhalten im Raum wird registriert und in Form sich wandelnder Soundtracks rückgespielt, wobei die Rollenverteilung und das Verhältnis zwischen Zeug_innen und Bezeugtem ungewiss bleiben.
Nach einem Studium an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg und der Columbia University New York City realisierte Julia Phillips (*1985 in Hamburg, lebt in Chicago und Berlin) eine Einzelausstellung am MoMA PS1, NYC (2018). 2018 wurden Phillips Arbeiten im Rahmen der New Museum Triennial, NYC und der 10. Berlin Biennale gezeigt. Fake Truth ist Julia Phillips erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland.
Kuratorinnen: Jule Hillgärtner, Nele Kaczmarek
Die Ausstellung Fake Truth wird ermöglicht durch:
Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur
Der Kunstverein Braunschweig e.V. wird gefördert von:
Stadt Braunschweig, Kulturinstitut