Against Interpretation
29,80 €
Ján Mančuška, geboren 1972 in Bratislava, gestorben 2011 in Prag, vertrat Tschechien 2005 auf der Biennale in Venedig und war unter anderem auch auf der 4. Berlin Biennale zu sehen. Bei der Ausstellung im Kunstverein Braunschweig handelte es sich um die erste institutionelle Ausstellung des Künstlers.
In der Ausstellung Against Interpretation ging es Ján Mančuška nicht zuletzt um die Untersuchung der Mechanismen der Wahrnehmung und des Verstehens. Durch verschiedene Eingriffe im Raum und durch die einzelnen Text-, Bild- und Filmarbeiten gelang es ihm dabei, das gewohnte Raum-Zeit-Gefüge immer wieder aufzubrechen. Im Ausstellungsraum fungierten die einzelnen Installationen als eine Sequenz von aufeinander Bezug nehmenden Settings. Dabei bezog Mančuška – geradezu choreographisch – die Bewegung des Besuchers in der Ausstellung mit ein. Auch die Architektur des Ausstellungsortes spielt in der Konzeption der Gesamtinstallation stets eine wichtige Rolle: Im Kunstverein trieb Mančuška dieses Vorgehen auf die Spitze, indem er den Grundriss der Villa Salve Hospes durch Wandeinbauten doppelte und um einige Meter nach Nordwesten verschob und so auch faktisch eine Neuordnung von Raum schuf.
In seinen meist raumgreifenden Arbeiten nutzt Mančuška Text und Film. Die Wahrnehmung seiner Werke sind daher bedingt auch durch die individuellen Entscheidungen des Betrachters, sich im Raum und der Arbeit gegenüber zu bewegen. Häufig beziehen seine Installationen die Architektur des Ausstellungsortes mit ein oder nehmen verschiedene Anordnungen auf, um für jedes Werke eine ganz spezifische Betrachtungsweise zu schaffen. Im Ausstellungsraum funktionieren die Installationen als eine Sequenz von aufeinander Bezug nehmenden Settings, in welchen Mančuška verschiedene kinematografische Techniken verwendet, um eine Diskontinuität im filmischen Zeit-Raum-Gefüge zu erreichen.
Mit seinen assoziativ im Raum zusammengestellten sprachlichen oder bildhaften Fragmenten erzeugt Ján Mančuška so eine signaturhafte Beschreibung von Raum. Unter anderem entstehen auch schaukastenähnliche Objekte, welche die darin vor Lichtquellen arrangierten Filmbildstreifen als Körper einer episodenhaft präsentierten Erzählung ausloten. Mančuškas Objekte, Interieurs und bildhafte Sentenzen erzeugen dabei eine Dramaturgie, die sich in der Vorstellung des Betrachters zu fiktiven, cineastischen Sequenzen verdichtet.
Ján Mančuška Arbeiten sind konzeptuell auf Sprache und Raum bezogene Installationen. Sie finden erst in ihrer den Betrachter physisch einbeziehenden formalen Lösung eine körperlich fast doppelt bezogene Präsenz. Die Arbeit While I walked ist ein mit weißen Wörtern bedrucktes schwarzes Gummiband, das wie ein Labyrinth auf Augenhöhe durch den Raum installiert ist. Der aufgedruckte Text erzählt einen Gang durch einen Raum, den man selbst, aufgrund der Installation, durch den Raum laufend, lesend, langsam erkundet.
Die aufgedruckte Erzählung auf dem Band entspricht jedoch nicht dem Raum in welchem die Arbeit sich befindet. Die beiden Eindrücke, der aus dem Text sich ergebende und der sich aus der Installation ergebende scheinen sich auseinander zu bewegen, finden aber sowohl in inhaltlicher als auch formaler Ebene am Ende des erzählten Textes wieder zusammen. Dies geschieht obwohl Ján Mančuška diese Arbeit nicht für einen speziellen Raum geschaffen hat. Der sich in der Installation befindliche Mensch wird wieder an den Anfang zurückgeworfen, körperlich und auch im Geiste.
Zur Ausstellung ist ein zweisprachiger Katalog in dt./engl. bei Hatje Cantz mit Texten von Hilke Wagner (Vorwort), Karel Cisar und Katrin Meder erschienen.