Speakers’ Corner
Karl Holmqvist, Judith Hopf, Stephan Geene, Jesse Lerner, Maya Schweizer, Sean Snyder

02.06. – 18.08.2007

Parallel zur Gruppenausstellung Um-Kehrungen fand in der Remise die erste Folge der Reihe Interaktion statt. Dafür wurde die Berliner Kuratorin Ariane Beyn eingeladen, auf die zeitgleich im Haupthaus stattfindende Ausstellung zu reagieren und so in „Interaktion“ mit ihr zu treten – etwa als Ergänzung, Unterlaufung oder Kommentar.
Die Ausstellung Interaktion I. Speakers’ Corner spiegelt die in Um-Kehrungen angesprochene Thematik des persönlichen Erfahrungshorizontes wider. Im Rahmen eines Film- und Hörprogramms untersucht Speakers’ Corner die persönliche Perspektive, wiedergegeben durch das Medium der menschlichen Stimme. Speakers’ Corner, der berühmte Versammlungsplatz zur öffentlichen Debatte im Londoner Hyde Park, entstand als Reaktion auf die sozialen und strukturellen Umwälzungen des aufkommenden Kapitalismus im 18. Jh. Weniger bekannt ist seine Geschichte als Hinrichtungsort, wo Verurteilte in einem karnevalesken Publikumsspektakel mit einer letzten Ansprache öffentlich Sühne zeigen sollten, einer letzten Gelegenheit zur freien Rede, die oft zur subversiven, kirchen- oder monarchiefeindlichen Agitation genutzt wurde. Speakers’ Corner ist traditionell und symbolisch ein Ort des Klassenkampfes, an dem die unterschiedlichsten Individuen – von Aktivisten politischer und sozialer Bewegungen, bis zu Scharlatanen und Freaks – die öffentliche Rede kultivieren.

Speakers’ Corner versammelt eine Auswahl künstlerischer Arbeiten, die mit der Performance der menschlichen Stimme als Signatur eines sprechenden Ich’s und Medium zur Adressierung eines Anderen, einer Öffentlichkeit experimentieren. Meist in der 1. Person Singular mimen sie Augenzeugenschaft, Liveness, Präsenz und Intimität. Die Ausstellung vereint dokumentarische Formen des Berichts und Kommentars, agitatorische Wortschwalls, Formen einer „Politik des Persönlichen“, die mit dem Slogan „das Persönliche ist politisch” in den 1970er Jahren ein neues Politikfeld eröffnete, sowie Performances, die den Gehalt der Sprache um den vokalen Ausdruck des Gesprochenen oder die persönliche „live“ Ansprache des Publikums erweitern. Unter Einsatz von poetischen Methoden wie Aggression, Tempo, Pathos sowie Verzögerung und Dauer werden unterschiedliche Medienformate, vom Lautgedicht bis zur Talkshow bearbeitet, kommentiert und unterlaufen. Die Präsentation zeigt filmische Werke in einer kinoähnlichen Installation.