Florian Auer
You’re Live
Telstar, der von Adidas entwickelte Fußball mit schwarzen Flecken auf weißem Grund, wurde zunächst bei einer Fernsehübertragung der Fußball-Weltmeisterschaft in Mexiko 1970 eingesetzt. Aufgrund seiner verbesserten Sichtbarkeit im damals noch vornehmlich schwarz-weißen Fernsehen etablierte sich das Design fortan als Standard bei der Gestaltung von Fußbällen. Dass Gesetze massenmedialer Berichterstattung von (Sport-)Ereignissen nicht nur das Fernsehbild, sondern auch nachhaltig die menschliche Wahrnehmung beeinflussen, stand im Zentrum von Florian Auers raumgreifender Installation You’re Live in der Remise des Kunstverein Braunschweig. Indem er die als Spektakel angelegte Live-Übertragung von Fußballspielen unter Aspekten der Land Art betrachtete, konstruierte Auer eine Ausstellungsarchitektur, die mit ihren eigenen An-, Durch- und Aufsichten spielte.
Das Prinzip „Mittendrin, statt nur dabei“, das seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten das Sportfernsehen prägt, täuscht dem Zuschauer Interaktion vor. Die durch die stete Weiterentwicklung digitaler Technologien perfektionierte Fernsehübertragung entfernt sich zunehmend von ihrem Gegenstand: Das Übertragene verweist zwar immer noch auf ein tatsächlich stattfindendes Reales, generiert aber gleichsam etwas Hyperreales. Diesem Prinzip folgend konzipierte Auer für die Braunschweiger Ausstellung neue, raumgreifende Arbeiten. Das Verhältnis von physischer Wirklichkeit und ihrer Live-Übertragung im Fernsehen nahm er dabei zum Ausgangspunkt, um gegenwärtige bildhauerische und malerische Strategien und ihr Potenzial zu untersuchen. Durch Nachahmung und Übersteigerung entwarf er einen anti-relationalen Ausstellungsraum, der die Möglichkeit von Partizipation bloß andeutete. Die Idee „negativer“ Skulptur der 1960er Jahre, die begehbar und gleichermaßen von ihrer Außenwahrnehmung maßgeblich geprägt ist, nutzte er und ließ seine Arbeiten zwischen Zwei- und Dreidimensionalität changieren. Das Skulpturale, Objekthafte – in eine raumdefinierende Bildfläche hineingelegt – wurde konsequent „nivelliert“. Integriert wurden zudem eigens für die Ausstellung auf Auers Einladung hin entstandene Bilder von Seth Pick.
Florian Auer (geb. 1984 in Augsburg, lebt in Berlin) studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München sowie an der Städelschule in Frankfurt am Main bei Prof. Tobias Rehberger. Einzelausstellungen widmeten ihm das S.M.A.K., Gent (2013), Kraupa-Tuskany Zeidler, Berlin (2012, 2014) sowie der NAK – Neuer Aachener Kunstverein, Aachen (2012). Seine Arbeiten wurden in Gruppenausstellungen präsentiert, unter anderem im Westfälischen Kunstverein, Münster (2014), im Lothringer 13_Laden, München (2013) sowie im Museum für Moderne Kunst, MMK Zollamt, Frankfurt am Main und bei CCA, Andtrax (2012).
Kuratiert von: Gergana Todorova
Die Ausstellung wurde unterstützt von: Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur
Der Kunstverein Braunschweig e.V. wird gefördert von: Stadt Braunschweig, Kulturinstitut